Vor 60.000 Jahren

Wann, mögen sie sich fragen, erschienen wohl die ersten Olivenbäume? Es ist wahrscheinlich, daß es im Mittelmeerraum schon vor Jahrtausenden Olivenbäume gegeben hat. In Kimi auf Euböa wurden versteinerte Blätter des Typs olea noti gefunden, in Provence und in Ländern Nordafrikas gibt es Beweisstücke dafür, daß der Olivenbaum auch dorthin transportiert worden war. Der älteste Befund erfüllt uns zweifelsohne mit Staunen. Er kommt von den Ägäischen Inseln, Santorini und Nisiros, wo Herr Professor Evangelos Velitselos fossilierte Olivenblätter gefunden hat, die 50-60.000 Jahre zurückdatieren. Agrarwissenschaftler haben festgestellt, daß es sich dabei um kultivierte Bäume handelte. Als Vorfahre unseres kultivierten Olivenbaumes gilt die Sorte des heute noch bekannten, wilden Olivenbaumes, den man auf Kreta, auf dem Peloponnes und in anderen Gebieten Südgriechenlands, sowie in Nordafrika, Kleinasien und anderswo noch antrifft.

Aphrodisiakum

In der Volksmedizin wird das Olivenöl als Aphrodisiakum benutzt. Das Sprichwort, das in vielen ölproduzierenden Gegenden Griechenlands benutzt wird, "Iss Öl und komm am Abend" widerspiegelt diese Auffassung sehr deutlich. Auf Kreta ist man der Überzeugung, dass das Öl, das in ungekochtem Zustand genossen wird, die beste Wirkung hat.

Das Sprichwort kommt zur Schlussfolgerung, dass das Olivenöl eine aphrodisische Wirkung hat, (dieser Auffassung sind übrigens die meisten Griechen) wobei die Butter das Gegenteil bewirkt:

"Iss Butter und schlaf wie ein Schafskopf, iss Öl und komm am Abend"

Religion

Medikament für Leib und Seele. Christlicher Glaube. Das Olivenöl lindert den Schmerz und kann auch den täglichen Kummer mildern oder sogar die Schuld für begangene Sünden erleichtern. Der Apostel Markus berichtet, dass die Schüler Christi die Kranken mit Öl einrieben und sie auf diese Weise heilten. Genau so, wie das schon im Altertum Brauch gewesen war. Das Christentum erweiterte diese Methode noch , und die Schüler Gottes heilten, mit Hilfe des Öles, auch seelisch Kranke.

Erntefest: Die Olivenernte wird in Griechenland gefeiert. Bis vor kurzem wurden in vielen ölproduzierenden Gegenden nach der Ernte Feste abgehalten. Im Osten Kretas (Sitia) wurde unmittelbar nach der Olivenernte eine spezielle Feier abgehalten. Dieser Brauch hat bis ins 20. Jahrhundert überlebt.

Idiographie

Nach dem 2.Weltkrieg gelang es Michael Ventris, einem englischen Architekten, die neuere Schrift zu entziffern. Sein Erfolg gab der Menschheit Einblick in das Leben der Bevölkerung des 2.Jhdt. v. Chr. Wir erfahren dabei viel über die Rolle, die die Olive und das Olivenöl gespielt haben. In jener Zeit wurde die Olive nicht nur kultiviert, man würzte ihr Öl sogar mit Kräutern. Die Menschen machten aus Olivenöl Parfume und brachten es den Göttern als Opfer dar. Auf einer Tontafel wird die Olive auch als Nahrungsmittel erwähnt. Die ideographischen Zeichen, die erst die Minoer und später die Mykener für das Olivenöl benutzten, sind eindrücklich: Ein Symbol, daß dem Olivenbaum sehr ähnlich sieht. Das Begriffszeichen für die Olive selber erinnert stark an die Olivenblüte, wobei ein eigenes Symbol für das Olivenöl benutzt wurde.

Quelle: Nikos & Maria Psilakis: Olivenöl, die Kultur der Olive, Kreta, 2000